Die „Historischen hannoverschen Landschaften“ sind nicht zu verwechseln mit der uns umgebenden Natur-Landschaft (Berge, Täler, Flüsse, Wälder etc.). Vielmehr ist das Wort „Landschaft“ auch ein rechtsgeschichtlicher Begriff, mit dem seit dem späten Mittelalter die Bevölkerung eines Landes gemeint war (ähnlich dem Wort „Mannschaft“). Allerdings wurde im späten Mittelalter unter dem Wort „Landschaft“ nicht die Gesamtheit aller in einem Land lebenden Menschen verstanden, vielmehr wurde die Bevölkerung eines Landes durch drei soziale Gruppen vertreten, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen und politischen Bedeutung herausragten. Das waren einmal die Äbte der wohlhabenden Klöster und Stifte (die sogenannten „Prälaten“), die „Ritterschaft“ (die Besitzer der im Lande befindlichen Rittergüter) und die größeren Städte. Diese drei Gruppen, die als die drei „Landstände“ bezeichnet wurden, vertraten bzw. repräsentierten die Bevölkerung eines Landes gegenüber dem Landesherrn. Sie traten auf Landtagen zusammen, auf denen sie über die Angelegenheiten berieten, die die Bevölkerung betrafen.
Im Bereich des heutigen Landes Niedersachsen hat es im Laufe der Geschichte zeitweise 27 einzelne Länder oder Territorien gegeben, jeweils mit ihrer aus den drei Landständen bestehenden Landschaft. Hiervon sind nur sechs „Historische“ Landschaften im Bereich des ehemaligen Königreichs Hannover verblieben. Sie bestehen nach wir vor aus den drei Ständen, die auch als „Kurien“ bezeichnet werden, nämlich der Ritterschaft als 1. Kurie, den Städten als 2. Kurie und den nicht ritterschaftlichen ländlichen Grundbesitzern als 3. Kurie. Sie sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt und dem Gemeinwohl verpflichtet. Aufgrund ihrer ständischen Organisation sind sie einmalige Institutionen in Europa. Auch wenn sie ihre politische Bedeutung und ihre politischen Mitwirkungsrechte schon lange verloren haben, spielen sie doch in ihrer Region aufgrund ihrer überparteilichen und überkonfessionellen Ausrichtung eine gewichtige Rolle, besonders in der Kulturförderung aus eigenen Mitteln und durch ihre Mitwirkung in den Gremien der VGH-Stiftung.